Mitte Mai war wieder Fußball – und keiner ging hin. Normale Fans wie Ultras hielten sich an die Regeln. Lediglich die Spieler der Berliner Hertha interessierten sich einmal mehr auf dem Platz mit ihren heftigen Umarmungen provokativ nicht um die Vorsichtsregeln. Da die Schiedsrichter nur für den reibungslosen Spielverlauf zu sorgen haben, nicht aber um die gefühlte 50. Änderung der Coronaschutzverordnung durchzusetzen, entfiel jegliche Sanktion.
In der Bundesliga oben zieht nach dem 1 : 0 Sieg in Dortmund der FC Bayern einsam seine Bahn. Dabei hatten die Dortmunder ihre Chancen. So hätte Brandt in der 26. Minute selbst sofort schießen können, setzte aber auf der Suche nach einem besser postierten Mitspieler erst zur großen Hafenrundfahrt an, bis es zu spät war. Dann glückte Kimmich mit einem Kunstschuss (Bogenlampe) über Torwart Bürki das 1 : 0. Das Fernsehen hatte eine Statistik parat. Danach haben solche Versuche nur eine Treffersicherheit von 6 %. 94 % gehen daneben. Das macht eben den abgezockteren Unterschied zu anderen Teams aus. In der Pressekonferenz erklärte Kimmich, dass sie wussten, Torwart Bürki steht gerne etwas zu weit vor seinem Tor.
Dann hätte es noch einen Elfmeter für den BVB geben können (Verursacher Boateng). Aber bei einem so knappen Spielstand pfeift in Deutschland kein Schiedsrichter gegen die Bayern einen Elfmeter. So nützt dem BVB auch der 6 : 1 Sieg in Paderborn nichts.
Nun kicken sie also wieder im Profifußball und die internationale Fußballwelt scheint das 51-seitige Hygienekonzept der Deutschen Fußballliga (DFL) auswendig zu lernen. Der International Football Association Board (Ifab) hat auch reagiert. Bis zum 31.12.20 dürfen fünf statt drei Spieler aus- und eingewechselt werden und auf den Einsatz der Video-Schiedsrichter kann auch solange verzichtet werden. Das werden diese gar nicht gern gehört haben, ist es doch eine schöne Gelegenheit, auch für sie zusätzliches Geld zu verdienen.
Nur eine Gruppe, ohne die nichts läuft, hat man vorsichtshalber gar nicht gefragt. Das sind die Spieler. Die müssen, ob sie wollen oder nicht, ob sie vor Corona Angst haben oder nicht. Mir ist schleierhaft, wie leichtfertig die Politik erlaubt, hier großzügige Ausnahmen zu gestatten, während wir anderen zu Recht und der Vorsicht zuliebe allen möglichen Einschränkungen unterliegen.
Obwohl es noch keine wirksame Medizin gegen die Krankheit gibt, dürfen Fußballer in Zweikämpfe gehen. Das ist sonst nur Ehepaaren und anderen Pärchen gestattet.
Und dann fragt man sich entgeistert: Warum dürfen die Fußballer das? Die Antwort kennt jeder. Dynamo Dresden passt jetzt nicht ins Bild. Die DFL hat sicher Kerzen angezündet, um einen zusätzlichen Krisenfall abzuwenden.
Coronaresistent hat sich Leipzigs Spieler Timo Werner geäußert. In der Bildzeitung sandte er drei Botschaften: Botschaft 1 = ich gehe nicht zu den Bayern nach München. Botschaft 2 = Wie alle wechselfreudige Spieler weise ich darauf hin, dass ich einen Vertrag habe, der einzuhalten ist, auch wenn das kein Problem für einen Umzug ins Ausland ist. Das ist nur eine Geldfrage. Botschaft 3 =Am liebsten gehe ich nach Liverpool. Ich kann es als Freiberufler kaum erwarten, dass sich die Vereine über die Ablösesumme einigen. An eine emotionale Bindung an den Verein hat ohnehin niemand geglaubt. Schließlich bin ich als Fußballprofi ein freiberuflicher Wandergeselle.
Die Reaktion aus Liverpool ließ nicht lange auf sich warten. „The Guardian“ berichtete, Jürgen Klopp habe sich bei der Vereinsführung für eine Verpflichtung von Timo ausgesprochen. Damit dürfte diese Personalangelegenheit auch bald erledigt sein.
Coronaresistent vor dem ersten Geisterspieltag Mitte Mai zeigte sich auch Vollpfosten Kalou von der Elfenbeinküste, aktuell unter Vertrag bei Hertha BSC. Er zeigte in einem Video aus der Mannschaftskabine, was er von diesem Konzept hält: Nämlich Nichts. Um das Gesicht zu wahren, hat ihn jetzt die Vereinsführung vorläufig suspendiert (bis Gras darüber gewachsen ist).
Feuer unterm Dach ist auch beim KSC. Mein Freund Peter, Mitglied des KSC, hält mich auf dem Laufenden. Aktuell ist Vereinspräsident Ingo Wellenreuther, MdB, zurückgetreten. Eine Vereinsopposition wirft ihm wirtschaftliches und menschliches Versagen vor, angesichts 30 Millionen Schulden. Ein „Bündnis KSC“ will den Verein aus dem Tal führen, aber ohne den Sportkameraden Ingo. Die erste Voraussetzung ist erfüllt. Ingo ist zurückgetreten. Sportlich gab es nach langer Durststrecke gegen Darmstadt wieder einmal einen Sieg. Dazu haben die neuen Leute erst einmal den Schuldenberg von 30 Millionen € auf 10 Millionen € gesenkt und damit den Verein vor dem Bankrott bewahrt. Dazu ist die Stadt gerade dabei, das traditionsreiche Wildparkstadion zu modernisieren und auf 35.000 Plätze aufzustocken. Da muss ich noch viele Maultaschen essen, bis eine Wende zum Guten endgültig in Sicht ist.
Hatte ich in der letzten Glosse angemerkt, dass sich die Zahl der Virologen der Zahl an Bundestrainern annähert, so lieferte kurz darauf die FAZ am Sonntag die Bestätigung. In einem Interview mit dem Red Bull Leipzig Geschäftsführer Oliver Mintzlaff präzisierte der die Zahl: „ Jetzt haben wir 80 Millionen Virologen“. Da habe ich mich ein wenig gefreut, dass ich schon früher darauf gekommen bin.
Sportlich läuft national wie international nicht viel. Indien will sich 2032 um die Olympischen Spiele bewerben. Damit konkurrieren sie mit der evtl. kommenden deutschen Bewerbung. Wer wie ich einmal in Indien beruflich war, weiß, dass das IOC dem nur im Vollsuff zustimmen könnte. Viel ernster für die noch nicht abgegebene deutsche Bewerbung schiene mir die Bewerbung von Canberra zu sein.
Dann melden die Reitsportvereine „Land unter“. Die Turniere finden nicht statt. Unterdes laufen aber die Kosten für die Pferde weiter. Das sind zehntausende Euros. „ Die Alternative wäre Schlachten“, meint Andreas Vroom, der Präsident des Landessportbundes in Bremen recht drastisch.
Interessantes spielt sich im Fußballverband der USA ab. Die Mitglieder der Damen-Weltmeistermannschaft haben ihren eigenen Verband verklagt. Sie wollen gleiche Bezahlung und gleiche Reisebedingungen und medizinische Betreuung wie ihre männlichen Kollegen. Jetzt hat ein Bundesgericht die Forderung nach gleicher Bezahlung für die viermaligen Weltmeister und viermaligen Olympiasieger abgewiesen. Man darf gespannt sein, was im Juni bei der Forderung nach gleichen Reisebedingungen und gleicher medizinischer Betreuung herauskommt. Weltfußballerin Rapinoe, von der ich weiß, dass sie nach dem letzten Titelgewinn der Einladung Trumps ins Weiße Haus nicht gefolgt ist, bekräftigte: „ Wir werden niemals aufhören für Gleichberechtigung zu kämpfen“. Wo sie Recht hat, hat sie Recht. Im ersten Anlauf gab ihnen ein Gericht nicht Recht. Jetzt sind die Fußballerinnen in die Berufung gegangen.
Mit Einladungen hat der Gröpräz ( Trump, größter Präsident aller Zeiten ) zur Zeit Pech. Von Angela Merkel erhielt er zu seiner Einladung zu einem Gipfeltreffen ganz kühl einen Korb. Er, der die Pandemie für die USA für so gut wie gelöst erklärt, bekam von ihr den Bescheid, wegen der Ansteckungsgefahr sei ihr das Risiko zu hoch, jetzt nach Amerika zu reisen. Damit hat sie zweierlei erreicht. Sie hat dem Typen einen Korb gegeben und gleichzeitig subtil deutlich gemacht, dass sein Gehabe zur Verniedlichung von Corona ein Lügenmärchen ist. Diesem Schuss auf die Zwölf ließ der französische Präsident Macron flugs eine Folgerung übermitteln. Wenn nicht alle wichtigen Personen dabei sind, macht das Treffen keinen Sinn. Gröpräz musste erklären, dass das Treffen verschoben werden muss.
Das ist Häme vom Feinsten, wie sie einst die Österreicher Karl Kraus oder Helmut Qualtinger ihrem Publikum – gleichsam als süß-bittere Medizin – verabreichten. Zur Zeit läuft in Österreich ein ähnliches Stück, in dem Fußball Fair Play Regeln ernst genommen werden. Der Linzer ASK als Tabellenführung verliert sechs Punkte zusätzlich einer Geldstrafe von 75.000.- €. Mit erfrischendem Fußball lagen sie drei Punkte vor Abonnementmeister Austria Salzburg. Jetzt liegen sie drei dahinter.
An vier verschiedenen Tagen haben sie eigentlich untersagte Mannschaftstrainings mit Körperkontakt abgehalten. Die Konkurrenz bekam vorher Wind davon. Sie installierte im Rahmen eines unentdeckten nächtlichen Einbruchs eine Kamera, die die Fußballer überführte. Brühwarm wurde das Band als Beweisstück dem Verband vorgelegt. Der Verband reagierte prompt. Linz hat Einspruch erhoben. Es wird spannend sein, wie man die Kuh vom Eis bekommt.
Corona liefert skurrile SlapSticks. In Gütersloh betrat jüngst eine Frau mit Kopftuch und Schutzmaske eine Apotheke, um ein Medikament zu kaufen. Bezahlen wollte sie mit einem 200.-€ Schein. Die Apothekerin legte das hohe Wechselgeld auf die Theke. In dieser Sekunde zog sie blank. Sie hob ihren Rock, unter dem sich nichts weiter befand. Die erstarrte Apothekerin war zu langsam, um sie aufzuhalten, als sie blitzschnell das Geld zusammen raffte und abhaute. Im Film würde ich dem Regisseur diesen Einfall nie abnehmen.
Einen eigenen Weg, der Corona-Krise zu begegnen, hat dagegen der bayerische Wirtschaftsminister Herbert Aiwanger (Freie Wähler) eingeschlagen. Er hat u.a. 70.000 ! Wischmops eingekauft. Die stapeln sich jetzt in den Landratsämtern, weil man nicht weiß, was man mit ihnen anfangen soll. Ich bin gespannt auf seine Begründung. In Spanien wäre die Sache klarer. Dort hätte seine Großtante zweiten Grades einen Neffen, dessen Schwiegervater einen Betrieb zur Herstellung von Wischmöpsen hätte. Aber wir sind ja in Deutschland. Im übrigen empfehle ich, Aiwanger zuzuhören. Mit seinem herrlichen Dialekt ist er an sich schon eine Kabarettnummer, egal zu welchem Thema er sich äußert.
Auch die Mädels und Jungs aus der schreibenden Zunft haben uns die Tage etwas erträglicher gestaltet. So berichten die „Fürther Nachrichten“ vom ruhigen Boxer Robert Wieser, „ der mit dieser Herangehensweise als Boxer 141 von 140 Kämpfen gewonnen hat“. Tagelang habe ich gerätselt, wie das gehen mag. Als einzige Erklärung bleibt mir die Folgerung, dass er in einem Fall auch gleich den Ringrichter umgehauen hat. Oder kann jemand besser rechnen? Dann übersteigt die Meldung der „Schweriner Volkszeitung“ meine Phantasie: „ Julia Voigt ist Mitarbeiterin unserer Verlagsgruppe und Tochter eines 14-jährigen Sohnes“. Ich traue denen im Nordosten ja vieles zu, aber wie die Julia das angestellt hat, vermag ich nicht zu begreifen. Im allgemeinen kommt man höchstens beim Jahresgesundheitscheck beim Hausarzt in die Nähe des „ Deutschen Ärzteblattes.“ Die verlangen eine gymnastische Übung, die mich schlicht überfordert: „ Die Masken dürfen beim Auf- und Absetzen nicht berührt werden.“ Mit den Masken tat sich jüngst auch meine Lokalzeitung, der „Bonner Generalanzeiger“ schwer: „Gäste müssen Mund und Nase beim Betreten und Verlassen des Lokals tragen“. Ich trage Mund und Nase sogar im Lokal.
Im Gegensatz dazu sollten uns aber die Mitbürger Sorgen bereiten, die jetzt gegen das Demonstrationsverbot demonstrieren. Sie sehen nicht ein, dass sie vorübergehend Freiheiten aufgeben müssen. Es interessiert sie nicht, dass möglicherweise ihr Lebensstandard bedroht ist. Sie glauben nicht an die Gefährlichkeit dieses Virus, dessen Bekämpfung sie abstreiten. Ich bin absolut dafür, dass sie dafür demonstrieren und sich anstecken dürfen. Wer aber zahlt die Kosten der folgenden Behandlung? Die zahlt das soziale Netz, das wir gespannt haben. Sie sollten sich eigentlich alle infizieren, um zu begreifen, wie schwachsinnig ihre Haltung ist.
Zusätzlich werden aber noch Beklopptere an die Öffentlichkeit gespült. Es gibt Menschen, die fest die Meinung vertreten, die Erde ist eine Scheibe, weil irgendein FakeNews Produzent so einen Schwachsinn im Internet verkündet hat. Dazu gesellen sich durchgeknallte Verschwörungstheoretiker, Impfgegner, Rechtsradikale, Hooligans, Autonome, Esoteriker unterschiedlichster Art und 5G Sendemastengegner, die aber gleichzeitig optimalen Empfang für ihre Smartphones erwarten. Erschüttert hat mich ein junger Mann in einer Nachrichtensendung, der erklärt hat, er glaubt den Nachrichten der öffentlich-rechtlichen Sender kein Wort, er informiert sich nur im Internet. Das muss uns alle elektrisieren. Wir haben vor 100 Jahren schon einmal Rattenfänger durch Deutschland ziehen sehen. Die suchten sich jüdische Religionsangehörige als Schuldige für alles. So etwas scheint sich auch bei uns im aufgeklärten 21. Jahrhunderts anzubahnen. Der Musiker Niedeggen ( BAP ) hat jetzt in aller Öffentlichkeit dazu aufgerufen, dass wir uns gegen diese abstrusen Gedanken von Anfang an entsprechend wehren. Dazu möchte ich meine Leserinnen und Leser hiermit sensibilisieren. Stellen wir uns lieber nicht vor, Frau Gates und ihr Mann Bill wären Juden. Den Shitstorm würde ich ungern erleben.
Frei nach Kant sollte gelten: Handle so, als hänge der Verlauf der Pandemie von Deinem Verhalten ab.
Corona hat verdrängt, dass wir seit 75 Jahren Frieden in Europa haben. Meine Generation hat Krieg noch erlebt. Ich saß unten im Keller, als oben in der Karlsruher Damaschkestraße eine Brandbombe alles zerschlug und in Flammen setzte. Mutige Feuerwehrleute haben meine Mutter und mich gerettet. Generationen von verantwortungsbewussten Politikern haben seither mit einem Netzwerk von Verträgen die Voraussetzungen für Frieden geschaffen. Es ist traurig, dass diese Demonstranten nur ihr kleines Ich in den Vordergrund stellen. Da gleichen sie dem Oberpopulisten Bolsonaro in Brasilien. Dem sterben die Leute weg und er redet von einer leichten Grippe.
Es gibt noch keinen Impfstoff. Als ob wir Pest, Cholera, Gelbfieber, Masern oder Kinderlähmung durch Impfung nicht besiegt hätten, bilden sich jetzt schon wieder Impfgegner gegen Coronaschutzimpfungen, obwohl es den Impfstoff noch gar nicht gibt. Ich bin hier für Impfzwang, um mich selbst vor diesen unsäglichen Dummköpfen zu schützen, wenn ein wirksamer Impfstoff in genügender Menge vorhanden ist. Einmal abgesehen von der Dunkelziffer von Erkrankten, die niemand kennt, gibt es jetzt schon ein hohes Maß an Infizierten.
Bleibt alle gesund!
Siegbert Heid, 01.06.20